Freitag, 27. Februar 2009

Einen Abend als Aushilfe im "Circus Roncalli"

BZ-Redakteurin wies mit den Requisiteuren Plätze an, schleppte Teppiche und Tische und verkaufte Waffeln
Von Bettina Habermann

Bei Raphaels Anweisungen bleibt keine Zeit zum Nachdenken. "Wenn das Pony sein Leckerli bekommen hat, läufst du von links ans Pferd greifst das Zaumzeug und führst es aus der Manege. Und los!" Zum Glück läuft das kleine Dunkelbraune zielgenau Richtung Stall und lässt sich problemlos festmachen. Im Laufschritt geht’s zurück zum Zelt.

Für einen Abend darf ich Gehilfin der Requisiteure im "Circus Roncalli" sein. Meine Verwandlung beginnt um 19 Uhr. Kostümverwalterin Judith Mittendorf hat drei Hosen und zwei Fracks bereit gelegt. Bei der Anprobe muss ich feststellen, dass Zirkusfrauen offensichtlich sehr zierlich sind. Mein Einsatz scheint an Konfektionsgröße 38 zu scheitern. Die Hose, die ich zubekomme, lässt mich kaum noch atmen, die Gamaschen muss Judith mir über die Stiefeletten ziehen.

Um 19.20 Uhr ertönt ein Pfiff: noch zehn Minuten bis zum Einlass. Etwas nervös schlüpfe ich in eine kleine Herrenhose. Die sitzt okay.

Beim nächsten Mal nicht ohne Lesebrille …

Fünf Minuten später erklärt mir Pierre im Schnelldurchlauf die Nummerierung von Logen- und Parkettplätzen – "links vom Eingang in zwei Reihen die Plätze 1 bis 94, rechts die Plätze ab 95". Keine Zeit für Nachfragen. Die ersten Besucher strecken mir ihre Karten entgegen. Hätte ich nur meine Lesebrille mitgenommen … Rang C? Hilfesuchend wende ich mit an Peter, den Chef-Requisiteur. Er übernimmt.

Das Publikum hat seine Plätze gefunden, und die Requisiteure eilen hinter die Manege. Pierre zieht seinen Frack aus. Er ist das Vorderteil des komischen Pferdes, Micha das Hinterteil. Clown Sergej wärmt sich die Füße, die Zwillinge Svetlana und Maryina lassen im Halbdunkeln schon mal ihre Paillettentücher auf den Füßen tanzen. Auf dem kleinen Monitor sehe ich das Geschehen in der Manege, kann verschnaufen.

"Du trägst jetzt den Teppich mit rein", sagt Raphael. Im nächsten Moment packe ich das schwere Ding mit ihm, Stefan, Sascha, Daniel und den anderen. Unter den strengen Augen von Manegenchef Patrick Philadelphia entfalten wir den Teppich in der Mitte und ziehen ihn schnell glatt.

Weiterlesen

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen